Das Penaltyschiessen war nicht mehr fern, die 116. Minute war angebrochen, da gelang den Spaniern nochmals ein Angriff. Der eingewechselte Cesc Fabregas passte in der 116. Minute auf Andres Iniesta. Der Barcelona-Spielmacher erzielte aus leicht spitzem Winkel den entscheidenden Treffer. Spanien schaffte damit, was zuvor erst Deutschland (1972/1974) und Frankreich (1998/2000) gelungen war: Nacheinander die Europameisterschaft und die Weltmeisterschaft zu gewinnen. Holland scheiterte derweil zum dritten Mal nach 1974 und 1978 in einem WM-Final.
In den 120 Minuten hatten sich die beiden Teams in Johannesburg mehrheitlich neutralisiert. Die Spanier waren zwar optisch leicht überlegen, aber einen Dauerdruck wie in den vorangengangenen Spielen konnte der Europameister nicht aufsetzen. Nur in der Startviertelstunde schienen die Holländer durch das Kombinationsspiel und Tempo des Gegners überfordert. Schon nach fünf Minuten zwang Sergio Ramos den holländischen Keeper Maarten Stekelenburg zu einer Glanzparade, sieben Minuten später kam David Villa mit einem Volleyschuss dem 1:0 nahe.
Milder Schiedsrichter
Danach glich sich das Geschehen im mit über 84&000 Zuschauern besetzten Soccer-City-Stadion aus. Die Holländer zeigten ein geschicktes Pressing, machten die Räume eng und unterbanden das Kombinationsspiel der Spanier soweit, dass das Tor von Stekelenburg nicht mehr unter Dauerbeschuss geriet. Zum Teil gingen die Holländer mit rustikalen Mitteln zu Werke. Die beiden defensiven Mittelfeldspieler, Mark van Bommel und Nigel de Jong, durften sich glücklich schätzen, dass der englische Schiedsrichter Webb für ihre harten Interventionen in der ersten halben Stunde nur Verwarnungen aussprach. De Jong, der Xabi Alonso mit gestrecktem Bein mitten in die Brust traf, hätte zwingend die Rote Karte sehen müssen.
Mit ihrer destruktiven Spielweise verhinderten die «Oranjes» - in früheren Jahren noch ein Synonym für attraktiven und offensiven Fussball - einen spektakuläreren Final. Sie foulten, zerstörten und warten auf den «Lucky Punch» durch einen ihrer Starspieler. Beinahe wäre diese Taktik schon in den ersten 90 Minuten aufgegangen: Der Bayern-Legionär Arjen Robben konnte zweimal, in der 62. und in der 83. Minute, solo auf Spaniens Goalie Iker Casillas zulaufen und verlor beide Duelle.
Holländer wurden müde
Auch Spanien hatte schon vor dem goldenen Tor von Iniesta seine Grosschancen, obwohl es durch die kluge Raumaufteilung der «Elftal» im Aufbau sichtlich gestört wurde. In der 70. Minute landete eine flache Hereingabe des eingewechselten Jesus Navas in den Füssen von Goalgetter David Villa, der aber aus fünf Metern den später, in der 110. Minute wegen einer zweiten gelben Karte des Platzes verwiesenen Verteidiger Johnny Heitinga anschoss. In der 77. Minute kam Sergio Ramos nach einem Eckball freistehend zum Kopfball. In der Verlängerung scheiterte Cesc Fabregas im Alleingang an Stekelenburg.
Nachdem die holländische Abwehr 90 Minuten nur sehr wenig hatte anbrennen lassen, zeigte sie in den restlichen 30 Minuten einige Lücken. Fabregas, Andres Iniesta (98.) und Navas (101.) konnten davon zunächst nicht profitieren. Doch eine weitere holländische Unaufmerksamkeit in der 116. Minute entschied dann den Final und machte Spanien zum achten Weltmeister der Geschichte.
Holland - Spanien 0:1 (0:0).
Soccer City, Johannesburg. - 84'490 Zuschauer. - SR Webb (Eng). - Tor: 116. Iniesta 0:1.
Holland: Stekelenburg; Van der Wiel, Heitinga, Mathijsen, Van Bronckhorst (105. Braafheid); Van Bommel, De Jong (99. Van der Vaart); Robben, Sneijder, Kuyt (71. Elia); Van Persie.
Spanien: Casillas; Sergio Ramos, Pique, Puyol, Capdevila; Busquets, Xabi Alonso (87. Fabregas); Pedro (60. Navas), Xavi, Iniesta; Villa (106. Torres).
Bemerkungen: 110. Gelb-rote Karte gegen Heitinga (Foul). Verwarnungen: 15. Van Persie. 16. Puyol. 22. Van Bommel. 23. Sergio Ramos. 28. De Jong. 54. Van Bronckhorst. 57. Heitinga. 66. Capdevila (alle Foul). 84. Robben (Reklamieren). 111. Van der Wiel (Foul). 117. Mathijsen (Reklamieren). 118. Iniesta. 120. Xavi (beide Unsportlichkeit).